Reinigungsrisiken – ein Mythos?!
Bereits vor einigen Wochen habe ich Sie über Allgemeines zum Thema Risikomanagement aus Sicht der Reinigung informiert. Heute werde ich Ihnen einige Informationen geben, wo Reinigungsrisiken im Reinigungsalltag auftreten oder auftreten können.
Denn wenn wir uns im Vorfeld mit den Risiken auseinandersetzen, können mögliche Hygienefehler vermieden werden, und wir sind in der Lage, entsprechende und vor allem nachhaltige Maßnahmen einzuleiten.
Das Prinzip „Feuerwehr spielen“ in einer akuten Situation wird somit durch eine professionelle Prävention ersetzt. Mit einer vorwegnehmenden Handlung lassen sich mögliche aufkommende Stressfaktoren in den jeweiligen Situationen reduzieren. Und das kommt allen Mitarbeitern zugute.
Wie sind Reinigungsrisiken zu identifizieren?
Für den Bereich Reinigung müssen zunächst innerhalb des Reinigungsprozesses die direkten und indirekten Risiken eruiert werden.
Da stellen sich die Fragen:
Welche Instrumente oder Tools stehen den Einrichtungen zur Risiko-Identifizierung zur Verfügung?
Wie können (mögliche) Risiken erfasst werden?
Bei der Identifikation von potentiellen Gefahrenquellen gibt es zwei unterschiedliche Herangehensweisen:
Feed back > rückblickend: ein Zugriff auf Daten von bereits stattgefundenen Ereignissen
Feed forward > vorausschauend: eruieren von möglichen zukünftigen Reinigungsrisiken (präventive Risiko-Identifikation)
Folgende Quellen zur Identifikation von Reinigungsrisiken stehen hierbei zur Verfügung:
Beschwerdemanagement
Das Beschwerdemanagement bzw. die Patientenbefragung stellt einen großen Fundus an wichtigen Informationen dar. Sie liefert beispielsweise Informationen über Schwachpunkte und Handlungsfehler in der Desinfektionskette, die die Patientensicherheit durch Reinigungsrisiken gefährden.
Mitarbeiterbefragungen
Das Wissen der Mitarbeiter in Form von bereichsspezifischen oder einrichtungsbezogenen Befragungen nutzbar zu machen, ist eine gute Methode um Gefährdungsquellen zu identifizieren.
KRINKO-Empfehlungen, Empfehlungen der DGKH, Leitlinien usw.
Empfehlungen, Leitlinien, Normen, TRBA 250, DIN-Normen, Gefährdungsbewertungen liefern ebenso eine Menge an wertvollen Informationen, wo mögliche Reinigungsrisiken vorzufinden sind.
Risikoanalyse prozessorientiert
Die prozessorientierte Risikoanalyse erfasst während des Prozesses die Gefahrenquellen und lässt diese sichtbar werden. Von Vorteil ist hier, dass die Beteiligten direkt in der Identifikationsphase involviert sind und ihre Erfahrungen wertfrei kommunizieren.
Wo können sich Reinigungsrisiken überall verstecken?
In den drei Bereichen
- Anwendungstechnik
- Mensch
- Organisation
sind Reinigungsrisiken zu identifizieren.
Das Fischgräten-Diagramm ist neben der Fallbaumanalyse eine weitere Technik, um Reinigungsrisiken zu identifizieren.
Risikofaktor: Anwendungstechnik
Reinigungsrisiken sind in jeder Stufe des Reinigungsprozesses bzw. im Bereich der Anwendungstechnik identifizierbar. Risikofaktoren, die die Patientensicherheit latent beeinträchtigen, können auftreten bei:
- dem Reinigungsverfahren
- der Aufbereitung von Reinigungstextilien
- der Ausstattung von Lagerräumen
- der Aufbereitung der Reinigungswagen, -maschinen und -utensilien
- dem Dosieren der Reinigungs- und Desinfektionslösungen
- der Durchführung der Unterhaltsreinigung
- der Durchführung von Schlussdesinfektionen
- der laufenden Desinfektion von Isolationszimmern
- Zwischenreinigungen in Eingriffsräumen (z. B. HKL)
- der Abfallentsorgung
- dem Umgang mit infektiöser Wäsche
- dem Einkauf von Gebrauchsgütern
Beispiel: Aufbereitung von Reinigungstextilien / Kontamination durch Feuchtkeime
Bei der Aufbereitung können Gefährdungen auftreten, wenn die Parameter des Waschprozesses nicht eingehalten werden. Risiken können z. B. sein:
- das Waschmittel wird nicht korrekt dosiert
- das Waschprogramm ist falsch programmiert
- die Standzeiten der vorgegebenen Waschtemperaturen werden nicht eingehalten
- in den Wasserzuleitungen hat sich ein Biofilm gebildet
- die Reinigungstextilien werden über Nacht feucht gelagert
Risikofaktor: Mensch
Eine Reinigungskraft, die nicht über ausreichende Kenntnisse im Bereich Krankenhausreinigung verfügt, stellt ebenfalls ein Risiko dar. Hier können mögliche Gefahrenquellen beispielsweise sein:
- die Basishygiene wie Händedesinfektion, die nicht konsequent umgesetzt wird
- die persönliche Hygiene wie z. B. das Tragen von Schmuck an Händen und Armen, lackierte und unechte Nägel
- die geforderte Trennung von Straßen- und Arbeitskleidung wird nicht eingehalten
- Dienstkleidung wird nicht desinfizierend aufbereitet
- Barrieremaßnahmen wie das Tragen der vorgegebenen persönlichen Schutzausrüstung bei der Desinfektionen in infektiösen Zimmern wird ignoriert
- die Unwissenheit über mögliche Desinfektionsfehler
- fehlendes Wissen über Krankheitserreger und deren Übertragungswege
- Sprachbarrieren
Risikofaktor: Organisation
Stellt man die Organisation eines Unternehmens in den Fokus zur Identifikation von Risikoquellen, so werden auch hier Faktoren erkennbar, die die Patientensicherheit negativ beeinflussen können.
Mögliche Risiken sind:
- zu hohe Flächenleistungen
- zu hohe Arbeitsdichte
- personelle Engpässe
- fehlende qualifizierte Objekt- oder Hauswirtschaftsleitungen
- unvollständige Leistungsverzeichnisse
- lückenhafte Revierplanung
- fehlende Arbeitsplatzbeschreibungen
- unvollständige Gefährdungsanalysen
- unzureichende Verfahrensanleitungen
- mangelhafte Durchführung von Eigenkontrollen
- fehlende Investitionen in neue Techniken
- fehlende zeitnahe Reaktionen auf Fehlermeldungen
- fehlende Einarbeitungskonzepte sowie Weiterbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten
- Störungen im Informationsfluss
- zu späte Informationen der Verantwortlichen über wichtige Entscheidungen
Fazit
Mit Reinigungsrisiken haben alle Einrichtungen zu kämpfen. Wichtig ist es, die Fehler bzw. Risiken im System aufzuzeigen und weitgehend auszuschließen – für eine höhere Patientensicherheit. Um Reinigungsrisiken vermeiden zu können, ist Wissen rund um Reinigungs- und Hygienemanagement die wesentliche Voraussetzung.